Am Montag hat der Weltklimarat den ersten Teil seiner neusten umfassenden Analyse des Weltklimas der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Kernteam von 234 Expertinnen und Experten aus 66 Ländern – darunter 5 aus der Schweiz – hat darin den Kenntnisstand zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen aufgearbeitet.
Treibhausgase und Temperaturen steigen weiter
Seit dem letzten Sachstandbericht von 2013 sind die Treibhausgase in der Atmosphäre weiter gestiegen. Von 2013 bis 2019 erhöhten sich die durchschnittlichen Konzentrationen von CO2 um knapp 5 Prozent, von Methan um 3,5 Prozent und von Lachgas (N2O) um 2,5 Prozent. «Der Bericht zeigt, dass die atmosphärische CO2-Konzentration im Jahr 2019 47% höher war als zu Beginn der Industrialisierung und insgesamt höher als je zuvor in den letzten 2 Millionen Jahre», sagt Gian-Kasper Plattner von der Eidg. Forschungsanstalt WSL und Leitautor des IPCC-Berichtes. Die globale Oberflächentemperatur lag zwischen 2011 bis 2020 um durchschnittlich etwa 1,1 Grad Celsius höher als in vorindustrieller Zeit (1850 bis 1900).
Die Häufigkeit und Stärke von Hitzewellen und von extremen Niederschlägen haben seit 1950 zugenommen. Die Hauptursache für diese Entwicklungen stellt laut IPCC der durch den Menschen verursachte Klimawandel dar. «Bei einigen der jüngst beobachteten Hitzewellen ist es extrem unwahrscheinlich, dass sie ohne menschlichen Einfluss so aufgetreten wären», sagt Sonia Seneviratne, Professorin an der ETH Zürich, und koordinierende Leitautorin vom Kapitel zu den Änderungen in Wetter- und Klimaextremen.
Erwärmung von unter 1,5 Grad Celsius kaum noch erreichbar
Bis Mitte dieses Jahrhunderts wird die globale Temperatur weiter steigen. Wie stark der Anstieg sein wird, hängt von den weiteren Emissionen ab. «Nur wenn der Kohlendioxidausstoss schon in den nächsten Jahren stark sinkt und bis Mitte Jahrhundert netto null erreicht, kann die globale Erwärmung mit mehr als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit auf unter 1,6 Grad Celsius und höchstwahrscheinlich unter 2 Grad beschränkt werden», sagt Erich Fischer von der ETH Zürich und Leitautor des IPCC-Berichtes. Beim pessimistischsten im Bericht betrachteten Emissionsszenario würde sich die Temperatur hingegen etwa um 4,5 Grad, im Extremfall um bis zu 5,7 Grad, erhöhen. Auch bereits bei einer Erwärmung von nur 1,5 Grad werden Starkniederschläge oder Hitzewellen in den meisten Regionen häufiger und erreichen Intensitäten von bisher ungekanntem Ausmass. Jedes zusätzliche halbe Grad erhöht die Häufigkeit und Intensität von Hitzeextremen, Starkniederschlägen, und landwirtschaftlichen und ökologischen Dürren. Die zunehmende globale Erwärmung führt auch zum weiteren Schmelzen von arktischem Meereis, Gletscher und Permafrost, abnehmender Schneebedeckung und ansteigendem Meeresspiegel.
Mehr Hitzewellen, Starkniederschläge und Trockenheit in der Schweiz wahrscheinlich
Der IPCC-Bericht betont, dass sich die Landmassen grundsätzlich stärker erwärmen als das globale Mittel und das Auftreten von Wetterextremen regional unterschiedlich ist. Davon ist auch die Schweiz betroffen. «Hitzewellen, Starkniederschläge und landwirtschaftliche und ökologische Dürren werden in Westzentral-Europa, und deshalb auch in der Schweiz, mit zunehmender globaler Erwärmung vermehrt auftreten und intensiver werden», sagt Seneviratne.
Schon heute irreversible Veränderungen
Um den Klimawandel möglichst gering zu halten, ist laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des IPCC eine Reduktion der CO2-Emissionen auf netto null und eine starke Verminderung weiterer Treibhausgase unumgänglich. So gilt es etwa, auch den Ausstoss von Methan rasch und stark zu senken. Je rascher die Reduktion erfolgt, umso mehr können die Erwärmung und deren Folgen minimiert werden.
«Gewisse Veränderungen wie der Anstieg des Meeresspiegels oder das Abschmelzen der Eisschilde sind allerdings bereits heute für Hunderte oder Tausende von Jahren unumkehrbar», sagt Plattner. Auch der Rückgang der Gletscher wird sich gemäss dem IPCC- Bericht über Jahrzehnte fortsetzen, selbst wenn sich die globale Temperatur stabilisiert.
In Bezug auf Risikobewertungen und die Planung von Anpassungsmassnahmen gilt es zu berücksichtigen, dass natürliche Schwankungen des Klimasystems die Folgen des Klimawandels kurzfristig, d.h. um bis zu ein bis zwei Jahrzehnte, regional abdämpfen oder beschleunigen können. «Längerfristig können diese Schwankungen eine Erwärmung aber nicht kompensieren», sagt Fischer.