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Klimaerwärmung, die sprachliche Beruhigungspille

Die Ausdrücke Klimaerwärmung, Klimawandel und Klimaschutz haben in den letzten 20 Jahren einen gewaltigen Aufschwung erlebt. Generell kann eine Akzentverschiebung vom Thema Umwelt zum Thema Klimawandel beobachtet werden. Wie wirken die Begriffe Klimaerwärmung, Klimawandel und Klimaschutz auf unser Denken und Handeln? Der neue Beitrag des Projekts "Sprachkompass" geht dieser Frage mit diskurslinguistischen Methoden nach.

Klimawandel Beruhigungspille

Klimawandel – ein farbloses "Kopfwort" für die Akten

Manche Umweltprobleme lassen sich mit den Sinnen leicht erfassen wie z.B. die Gewässer- und Luftverschmutzung wecken sinnliche Vorstellungen aus dem Alltag. Im Vergleich zu diesen gefühlsbeladenen Wörtern bleibt der Klimawandel eigenartig farblos und blass. Warum ist dies so? Das Klima kann man nicht mit Händen fassen. Klimawandel ist ein abstraktes Konzept, eine mathematisch errechnete Grösse, die kaum sinnliche Vorstellungen wachruft. Die sinnliche Entrücktheit des Klimawandels hindert uns daran, den schleichenden Anstieg der globalen Temperaturen auch als Bedrohung wahrzunehmen. Dies mag ein Grund sein, warum das Wort Klimawandel bei vielen Menschen keine negativen Gefühle auslöst. Gewässerverschmutzung kann uns aufschrecken und entrüsten, der Klimawandel dagegen lässt uns (relativ) kalt. Klima bleibt ein ‚Kopfwort’, das unsere Sinne unberührt lässt. Dass sich das Klima wandelt, verstärkt die beschönigende Wirkung des Wortes Klimawandel. Wandel ist ein neutraler Begriff, er bezeichnet bloss, dass sich ein Zustand verändert, sei es zum Positiven oder zum Negativen hin. Das Nomen Wandel stammt vom Verb sich wandeln ab. Dieses ist reflexiv. Ein Klima, das sich wandelt, legt nahe, dass der Wandel einer Eigendynamik folgt, dass er ohne äussere Ursache von sich aus geschieht. Wer von Klimawandel spricht, verstellt deshalb (zumindest grammatisch) die Frage, welche äusseren Ursachen hinter dem Phänomen des Klimawandels stehen. Der Hauptgrund des Klimawandels, der durch Menschen verursachte Ausstoss von CO2 aus fossilen Energieträgern, wird systematisch ausgeblendet.


Klimaerwärmung: eine sprachliche Beruhigungs- und Glückspille

Klimaerwärmung ist ein Wohlfühl- und Kuschelbegriff. Wärme weckt im Alltag durchwegs positive Gefühle. Der Wärme fehlt jeglicher Ausschlag ins Extreme. Wärme wirkt wohltuend und beruhigend. Im Kontext des Klimadiskurses muss das Wort Klimaerwärmung daher wie eine sprachliche Beruhigungs- oder «Glückspille» wirken. Der Begriff taucht die Gefahren, die vom globalen Temperaturanstieg ausgehen, in ein freundliches Licht. Ein Handlungsdruck geht von diesem Wort bestimmt nicht aus!


Klimaschutz: die Menschheit als Retterin in der Not?

Das Konzept des Klimaschutzes kommt auch in verbreiteten Bezeichnungen wie Klimaschutzpolitik, Klimaschutzziele und der Sorge ums Klima vor. Was rufen solche Bedeutungen in den Köpfen hervor? 1.) Es gibt eine Bedrohung ausgehend von etwas/jemandem, 2.) es gibt jemanden, die/der Schaden nehmen kann, und 3.) es gibt jemanden der/die schützend eingreift. Der Ausdruck Klimaschutz besetzt die genannten Rollen wie folgt: Es gibt eine Gefahr bzw. eine Bedrohung. Mögliches oder tatsächliches Opfer dieser Bedrohung ist das Klima. Die Menschheit als Heldin muss das Klima retten, indem sie schützend eingreift. Auffällig ist nun, dass innerhalb dieser Rollenverteilung die Rolle des Bösewichts unbesetzt bleibt. Wenn wir über Klimaschutz sprechen, setzen wir den Menschen vor allem in die Rolle des Helden, der schützend eingreift. Dass er aber zugleich die Rolle des Bösewichts bzw. der Gefahr spielt, bleibt ausgeblendet. Der Mensch tritt, wenn überhaupt, als Retter auf.


Erderhitzung: verbrennendes Alarmwort

Wie anders sähe dies aus, wenn nicht von Klimawandel, sondern von Erderhitzung oder von Erhitzung der Erde die Rede wäre. Das Wort Erde ruft einen Denkrahmen auf, der uns sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken lässt. Erhitzung ist ein Alarmwort, es lässt an Gefahr, etwa an Verbrennungen denken. Erderhitzung ruft weiter das Verb erhitzen auf. Gemüter können sich selbst erhitzen. Das Verb wirkt also reflexiv. Erhitzen ist aber auch transitiv, es eröffnet auch die Denkweise A erhitzt B, bringt also die Ursache der Erhitzung in den Blick. Das Wort Erderhitzung geht unter die Haut, es weckt sinnliche Assoziationen und regt damit auch moralische Gefühle an, die zu wichtigen Fragen anleiten: Wer ist für die Erhitzung verantwortlich? Wie können wir die Ursachen der Erderhitzung bekämpfen und der Erde Kühlung bringen?


mehr dazu:

www.sprachkompass.ch/klimawandel

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