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Anhaltende Trockenheit in der Schweiz

Seit rund 40 Tagen fiel praktisch kein Regen in der Schweiz. Eine derart ausgeprägte Niederschlagsarmut der Monate März und April ist sehr selten in der über 150-jährigen Messgeschichte der Schweiz. Auf der Alpensüdseite reicht die extreme Niederschlagsarmut bereits vier Monate zurück. Im Tessin fehlt seit Jahresbeginn die Niederschlagsmenge von rund drei durchschnittlichen Monaten.

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Bild: M. Bolliger

Der laufende April brachte in der Schweiz verbreitet gar keinen Niederschlag. Das betrifft vor allem das Mittelland sowie die Nord- und Nordwestschweiz. Entlang des Alpennordhangs und in den Ostalpen erreichen die bisherigen Aprilmengen vielerorts magere 2 bis 7 Millimeter. Lokal gab es auch über 10 Millimeter. Auf der Alpensüdseite liegen die Aprilmengen regional zwischen 15 und 25 Millimeter, lokal auch über 30 Millimeter. Im landesweiten Mittel liefert ein durchschnittlicher April knapp 100 Millimeter Niederschlag. In Basel liegt der Aprildurchschnitt bei 64, in Zürich bei 83 und in Lugano bei 156 Millimeter (Norm 1981−2010).

Die anhaltende Niederschlagsarmut in der Schweiz betrifft nicht nur den April. Sie reicht weit in den März zurück und dauert mittlerweile rund 40 Tage. Die letzten grösseren Regenmengen fielen in den ersten zehn Märztagen. Somit fehlt der Schweiz momentan die Regenmenge von deutlich mehr als einem Monat.

Auf Rekordkurs

Eine der längsten Perioden ohne Niederschlag nördlich der Alpen registrierte Neuchâtel mit 52 Tagen. Sie dauerte vom 19. März bis am 9. Mai 1893. Sonst liegen nördlich der Alpen die längsten Perioden ohne Niederschlag an Messstandorten mit über 100-jährigen Messreihen bei maximal 45 Tagen.

In Genf erreichte die aktuelle Periode ohne Niederschlag bereits 41 Tage, also die volle Dauer der anhaltenden Niederschlagsarmut seit dem 13. März 2020. Die in Genf bisher längste Periode ohne Niederschlag vom Januar und Februar 1896 dauerte ebenfalls 41 Tage. Ob der Rekord von Neuchâtel gebrochen wird, bleibt abzuwarten.

Im Süden der Alpen sind längere Perioden ohne Niederschlag häufiger als im Norden. Perioden ohne Regen, die länger als einen Monat dauern, treten im Durchschnitt alle zweieinhalb Jahre auf. Die bisher längsten Perioden ohne Niederschlag dauerten 60 bis knapp 80 Tage. Letztmals war dies vom Dezember 1988 bis Februar 1989 der Fall. Mit den Niederschlägen in der zweiten Aprilhälfte stehen solche Werte momentan nicht zur Diskussion.

Seltenes Ereignis

Die März-April Regensumme erreichte im landesweiten Mittel nur rund 40 Prozent im Vergleich zur Norm 1981−2010. März-April Regensummen von deutlich unter 50 Prozent sind seit Messbeginn 1864 nur in acht Jahren aufgetreten. Etwas niederschlagsärmer mit nur 36 Prozent der Norm war letztmals die März-April Periode 2011. Dann muss man bis ins Jahr 1955 zurückgehen, um auf eine vergleichbare März-April Niederschlagsarmut zu treffen.

Massiv negative Wasserbilanz

Die in den letzten Wochen anhaltend sonnige und überdurchschnittlich warme Witterung kurbelte die Evapotranspiration kräftig an (Verdunstung durch Pflanzen und aus dem Boden). Am Messstandort Chur ergeben die Berechnungen für die Evapotranspiration im April bisher rund 70 Millimeter Wasser. Der Nachschub durch Niederschlag belief sich auf magere 3,4 Millimeter. Die Wasserbilanz aus Wassergewinn (Niederschlag) und Wasserverlust (Evapotranspiration) ist also massiv negativ. Die aktuellen Werte bewegen sich an einigen Orten der Schweiz Richtung Trockensommer 2018. Die Region Chur bzw. Nordbünden gehörte im Sommer 2018 zu den niederschlagsärmsten der Schweiz.

Langes Leiden auf der Alpensüdseite

Die Alpensüdseite leidet seit vier Monaten unter einer massiven Niederschlagsarmut. Ab Januar 2020 fielen extrem geringe Monatssummen. In den davorliegenden drei Monaten Oktober bis Dezember wurde die Alpensüdseite hingegen mit reichlich Niederschlag versorgt. In den beiden Jahren 2019 und 2020 waren Monate mit unterdurchschnittlichen oder weit unterdurchschnittlichen Niederschlagssummen jedoch deutlich in der Überzahl.

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