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Der Frühling kommt immer früher - auf der ganzen Welt

Auch in diesem Jahr zeigen sich die Zeichen des Frühlings wieder besonders früh. Die Vegetation liefert wichtige Informationen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen und zu verstehen. Deshalb werden in der Phänologie jahreszeitliche Rhythmen in der Natur genau dokumentiert und erforscht.

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Bild: M. Bolliger

Die zwei langen phänologischen Beobachtungsreihen aus der Schweiz, der Blattausbruch der Rosskastanie in Genf (seit 1808) und die Blüte des Kirschbaums in Liestal (seit 1894), gehören zu den fünf weltweit längsten phänologischen Datenreihen. In der neusten Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature Climate Change wird der Zusammenhang dieser langen phänologischen Datenreihen und der Temperatur vorgestellt. Der Kommentar der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der WSL, der ETH Zürich, von MeteoSchweiz sowie internationaler Forschungsgruppen aus China, Japan und Grossbritannien ist im Rahmen einer Spezialausgabe zur Phänologie erschienen.

Beobachtungen aus aller Welt

Die längste phänologische Zeitreihe, die jemals aufgezeichnet wurde, ist die Blüte von Kirschbäumen in Kyoto, Japan, die bis ins Jahr 812 zurückreicht. Die Daten wurden aus Beobachtungen in alten Tagebüchern und Chroniken zusammengetragen. Die längste europäische Zeitreihe stammt aus England und umfasst die Daten zum Blattaustrieb mehrerer häufiger Baumarten, die 1736 begonnen wurde.

Alle diese Datenreihen zeigen eine Verfrühung der Frühlingsvegetation, wie sie in den letzten 200 Jahren, oder im Fall der Kirschblüte in Japan seit über 1200 Jahren, noch nie vorkam. Das fällt zusammen mit einem beschleunigten Anstieg der Temperatur seit 1985. Bemerkenswert ist, dass die Blüte der Kirschbäume in Kyoto im Frühjahr 2021 der früheste jemals aufgezeichnete Termin war. Im Durchschnitt trat die Frühjahrsphänologie in den letzten 36 Jahren (1985-2020) um 6 (China) bis 30 Tage (Schweiz) früher auf als in der Zeit vor 1950.

Blüte, Blattaustrieb und Klimawandel

Phänologische Daten sind ein wichtiger Indikator für den Klimawandel. Durch die starke Temperaturabhängigkeit des Blattaustriebs und der Blüte im Frühling wird der Einfluss des Klimawandels besonders gut sichtbar. Je länger die Datenreihen sind, umso grösser ist die Aussagekraft.

Diese Langzeitreihen können dabei helfen das Bewusstsein der Bevölkerung für die Dringlichkeit der Eindämmung des Klimawandels zu schärfen. Solche abrupten Veränderungen im zeitlichen Ablauf wichtiger phänologischer Ereignisse können vielfältige Auswirkungen auf das Funktionieren der Ökosysteme, die Wechselbeziehung zwischen den Arten über das Nahrungsnetz und die globale Kohlenstoffbilanz haben.

Die Wichtigkeit der phänologischen Zeitreihen zeigt sich auch darin, dass die Phänologie zu den essentiellen Klimavariablen des Schweizer Klimabeobachtungssystems Global Climate Observing System Schweiz gehört. GCOS Schweiz baut auf der Arbeit von 28 Partnerorganisationen auf und wird durch das GAW/GCOS Office am Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz koordiniert. Im GCOS Schweiz Inventar der wichtigsten klimarelevanten Messreihen und internationalen Daten und Kalibrationszentren (MeteoSwiss, 2018) sind speziell die beiden oben erwähnten langen Datenreihen aus Genf und Liestal verzeichnet, sowie mehrere Stationen aus dem Schweizer Phänologie Beobachtungsnetz .

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